Femurkopfresektion beim Hund – Kolia: ein Praxisbericht

Heute geht es um Kolia – einen 10- jährigen sehr zurückhaltenden aber sehr charmanten Rüden. Kolia kam nach einer Femurkopfresektion auf drei Beinen hüpfend zu mir in die Praxis.

Wie es dazu kam

Kolia erlitt einen Sturz aus hoher Höhe und landet sehr unglücklich auf seiner Hüfte. Die Folge war eine traumatisch bedingte einseitige Femurkopfluxation, d.h. soviel wie der Oberschenkelkopf (Femurkopf) ist aus der Gelenkpfanne (Acetabulum) gesprungen. Eine eher seltene und wie man sich vorstellen kann eine sehr schmerzhafte Angelegenheit. Auf dem Röntgenbild sah das dramatischerweise dann so aus:

Röntgenbild

Man kann hier sehr gut sehen, dass der Oberschenkelkopf neben der Pfanne liegt.

Als Ursache für so eine Luxation kommt eigentlich nur äußere Gewalteinwirkung in Frage, wie dies bei Verkehrsunfällen, Stürzen aus großer Höhe wie bei Kolia oder Bewegungsunfällen der Fall ist. Der Rüde ging nach seinem Sturz sehr stark lahm und konnte fast nicht mehr laufen.

Die Luxation beruht allerdings meist weniger auf direkter traumatischer Einwirkung auf das Hüftgelenk als auf indirekten Dreh und Hebelwirkungen. Meist reißt dabei die Gelenkkapsel die das Gelenk umschließt und auch das Hüftkopfband. Als Folge ist die Gelenkpfanne mit Bandresten, Knorpel- und Knochenanteilen gefüllt, was die Reposition erschwert oder sogar verhindert. Daher ist oftmals eine Reposition des Femurkopfes in die Gelenkpfanne nicht möglich. So auch bei Kolia und die Femurkopfresektion wurde vorgenommen.

Wie sieht so eine Femurkopfresektion nun aber aus?

Der Femurkopf wird vom Ligamentum capitis femoris (Hüftkopfband)  – das  ist ein dünnes, dreieckiges Band, das innerhalb des Hüftgelenks durch die Gelenkkapsel zieht –  der Gelenkkapsel und der umliegende Muskulatur im Acetabulum (Gelenkpfanne) gehalten. Das Acetabulum wird von allen drei Hüftknochen – Darmbein (Os ilium), Sitzbein (Os ischii) und Schambein (Os pubis) – gebildet und bildet somit die Pfanne für das Hüftgelenk. So sieht der gesunde Zustand einer Hüfte schematisch in der Grafik dargestellt aus:

Kolia wurde operiert und der Femurkopf (Oberschenkelkopf) und genau genommen auch der Femurhals (Oberschenkelhals) wurden entfernt (resektiert). Es wurde eine Femurhalskopfresektion durchgeführt und eine Kapselplastik mit kollagener Auffüllung der Hüftgelenkspfanne durchgeführt.

Die Femurkopfresektion führt zur Bildung einer bindegewebigen Verbindung zwischen Becken und Oberschenkelknochen eine sogenannte Pseudarthrose. In der Folge übernehmen die Gelenkkapsel und die Kruppenmuskulatur die Stabilisierung des Hüftgelenkes. Bei gerade größeren und schweren Rassen kann der Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks notwendig sein. Das war bei Kolia aber zum Glück nicht der Fall. Kolia hatte nach der OP 6 Wochen strenge Leinenpflicht und kam im Anschluss der OP zur Nachsorge in meine Praxis zur Physiotherapie um ein lahmfreies Laufen zu ermöglichen. Hier war das Belasten der operierten Gliedmaße das primäres Ziel.

Wir fingen dabei mit Massage, Bewegungs-, Dehnungs und Balanceübungen an damit Kolia überhaupt anfing das operierte Bein wieder zu benutzen und nicht nur auf drei Beinen zu hüpfen.

Nachdem Kolia das Bein gut belasten konnte, arbeiteten wir daran den vollen Bewegungsumfang des Hüftgelenks und den Muskelumfang wieder herzustellen. Hierbei kamen Sitz-Stand-Übungen, Gehen, das Trampolin und das Balancepad zum Einsatz.

Durch die flexible bindegewebige Überbrückung zwischen Becken und Oberschenkelknochen kann man manchmal eine leichte Ganganomalie sehen, aber Kolia läuft heute schmerzfrei und weitestgehend lahmfrei und kann wieder mit seinen Kumpels toben.

Was tun? Cauda Equina Syndrom beim Hund

Die ersten Anzeichen sind oft vom Besitzer noch unbemerkt. Es gibt aber erste Zeichen, auf die man achten kann: Der Hund springt auf und jault leise oder ist einfach nicht mehr so freudig beim Spazierengehen. Treppensteigen und Springen wird schwieriger. Wenn es früher hieß „schneller, höher, weiter“, bleibt unser Vierbeiniger Freund auch gerne einmal auf dem Sofa oder in seinem Körbchen liegen.

Oft bemerken wir ein leichtes Zehenschleifen an den Hinterbeinen. Der Hund kann auch zeitweise lahmen. Die Krankheit entwickelt sich über 1 – 3 Jahre und betrifft meist große Hunde. Theoretisch können aber natürlich alle Hunde betroffen sein.

Hier ist übrigens die YouTube-Variante dieses Artikels, falls du lieber Videos schaust als Texte zu lesen

Die Ursache

Die häufigste Ursache für ein Cauda Equina Syndrom ist die degenerative lumbosakrale Stenose (DLSS). Das ist eine Kompression der Nervenwurzeln im lumbosacralen Übergangs – also im Bereich des  letzten Lendenwirbel zum Kreuzbein des Hundes. An den letzten beiden Lendenwirbel endet das Rückenmark und zahlreiche Nerven treten aus. Diese langen, austretenden Nervenwurzeln nennt man Cauda-equina (lat. Pferdeschweif), da das Austreten der Nerven am Ende des Rückenmarks genauso aussieht.

Werden die Nerven aufgrund von Verengungen im Wirbelkanal (Stenose) oder den Nervenwurzellöchern komprimiert oder gequetscht, kommt es unweigerlich zu Schmerzen, da ein mechanischer Druck auf die Nervenwurzeln ausgelöst wird und es somit zu einer Schädigung der Nervenfasern kommen kann. Das kann z.B. durch verschleißbedingte Arthrosen passieren. Aber auch Tumore, Frakturen, Bandscheibenvorfälle können krankheitsauslösend sein.

Symptome

Es kommt zu „Signalstörungen“ die folgende neurologische Ausfälle mit sich bringen kann:

  • Zehenschleifen.
  • verminderte Stellreflexe
  • Überköten (die Pfote wird nicht mehr mit dem Ballen aufgesetzt)
  • Die Hinterhand knickt weg oder ein, teilweise mit Lähmungserscheinungen
  • Lähmungserscheinungen der Rute (ein Schwanzwedeln ist nicht mehr möglich)
  • Unkontrollierter Harn und Kotabsatz
  • Muskelatrophie der Hinterhand
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Erstellung der Diagnose

Der Besuch beim Tierarzt ist unabdingbar für eine genaue Abklärung der Erkrankung. Zuerst einmal wird das Tier geröntgt um Frakturen, Athrosen und ggf. Tumore zu erkennen. Im zweiten Schritt wird meist ein MRT oder CT empfohlen um die Weichteile wie Bänder, Sehnen und Bandscheiben sichtbar zu machen um nachher eine gute Diagnose erstellen zu können.

Therapiemöglichkeiten

Die Therapie ist abhängig von der Schwere der Erkrankungen und den damit einhergehenden neurologischen Ausfallerscheinungen. Eine OP wird bei schweren Fällen empfohlen um eine Dekompression des Rückenmarks und damit der Nervenwurzeln zu erreichen. Hier sollte man allerdings auch immer das Narkoserisiko mit dem gegenwärtigen Gesundheitszustand und Alter des Tieres mit abwägen.

Im ersten Schritt und bei frühzeitiger Erkennung wird meist zur konservativen Schmerztherapie geraten. Dabei wird der Hund mit Schmerzmitteln und entzündungshemmenden Medikamenten eingestellt.

Begleitend kann physiotherapeutisch der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst und die Situation für den Hund verbessert werden. Wichtig ist, wie weit die Nerven schon geschädigt sind, da sich deren Zellen nicht regenerieren können. Es kommt also darauf an, möglichst früh mit dem Einsatz von physiotherapeutischen Maßnahmen zu beginnen, um die Symptome zu mildern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.

Es gilt wieder Raum für die Nerven zu schaffen und Muskulatur zu erhalten.

Mögliche Maßnahmen können sein:

  • Physiotherapeutische raumschaffende Behandlung im Bereich des lumbosakralen Übergangs um wieder Platz für die Nerven zu schaffen und eine bessere Signalstärke für die Hintergliedmaßen zu schaffen.
  • passive Mobilisation zur Erhaltung der Muskulatur
  • Elektrotherapie zum Erhalt und Aufbau der Muskulatur
  • Lasertherapie zur Schmerzreduktion
  • Taping zur Dekompression

Hilfsmittel

Silikonnägel

Ein häufiges Problem das diese Krankheit mit sich bringt, ist das Zehenschleifen. Oftmals werden die Zehen bis zum Bluten abgeschliffen und das Tragen eines Schuhs zum Schutz der Zehen scheint unumgänglich. Sobald der Hund jedoch einen Schuh trägt, bekommt er keine Impulse mehr durch das Laufen an seinen Ballen (Propriozeption) und die Nervenleitung wird noch weniger angeregt.

Eine andere Alternative sind Silikonnägel die man auf die eigentliche Kralle aufklebt. Damit wird die Kralle geschützt, der Hund aber nicht mit einem Schuh zusätzlich belastet. Wie das genau funktioniert, zeige ich Euch in dem Video.